63. Jahrestagung – Alles Nano, oder was?

Alles Nano – oder was?

Nanotechnologie: Anwendungen, Erwartungen und Auswirkungen auf die Gesellschaft

6.-8. Oktober 2006
München


Allgemeine Information

Schon heute ist überall Nanotechnologie vorhanden, ohne dass man sich dessen bewusst ist. Experten sagen ihr eine große Zukunft voraus: Bis ins Jahr 2015 werde die Nanotechnologie alle Industriebereiche beeinflussen, wenn nicht gar grundlegend verändern.
„Nano“ (griech.: Zwerg) werde uns nicht nur die Welt der allerkleinsten Dinge erschließen, sondern biete auch geradezu revolutionäre Möglichkeiten in der Elektronik, der Chemie, im Automobilbau, in der optischen Industrie oder im Gesundheitsbereich. Materie könnte vollkommen programmierbar werden. Solche bislang ungeahnten Wachstumsmärkte gelte es zu sichern und in entsprechende Forschung zu investieren. Gleichwohl gibt es auch weniger euphorische Stimmen: Würden an sich harmlose Stoffe zu ultrafeinen, nur einen millionsten Teil eines Millimeters kleinen Nanopartikeln umgewandelt, dann würden diese toxisch, und Mensch wie Umwelt schädigen.
Ethische und gesellschaftliche Folgen des verstärkten Einsatzes der Nanotechnologie sind bisher kaum erforscht worden. Dies betriff z.B. die Veränderung des Menschenbildes, der Körpergrenzen und des Verhältnisses Mensch/Maschine. Auch Fragen der Privatsphäre und des Datenschutzes werden hier berührt. Zu klären bleibt auch, welchen Handlungsbedarf militärische Anwendungen der Nanotechnologie mit sich bringen.
Nanotechnologie – also eine Zukunftstechnologie, mit der sich größte Hoffnungen, aber auch ebensolche Vorbehalte verbinden? Mit solchen kontroversen Positionen wollen wir uns auf unserer 63. Jahrestagung beschäftigen – mit dem Ziel, mehr Transparenz hinsichtlich der Erwartungen, Anwendungen und Auswirkungen der Nanotechnologie zu erreichen.


PROGRAMM

Freitag, 6.10.2006

13.30 Uhr Begrüßung
Tagungseröffnung und kurze Einführung durch den 1. Vorsitzenden Dr. Dieter Korczak

14.00 Uhr Wolf-Michael Catenhusen
Politische Ziele der Förderung der Nanotechnologieforschung in Deutschland
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat den Grenzbereich zwischen Nano- und Biotechnologie seit dem Jahr 2002 mit mehr als 65 Millionen Euro gefördert. Durch die Förderung soll das Potenzial dieser Technologie ausgeschöpft und umgesetzt werden, um Deutschland in diesem Bereich international eine Führungsposition zu verschaffen.

15.00 Uhr Prof. Dr. Anton Lerf
Was ist Nano? Einführung in die Welt der kleinen Dimensionen
„Nanotechnologie“ steht für Allerneuestes und Innovatives – aber auch für Altes und Wohlbewährtes: Ob Milch, Majonaise, Sahnehauben, Kosmetika oder Autolacke, alles ist angewandte Nanotechnologie. Was ist also wirklich neu an dieser vermeintlich neuen Schlüsseltechnologie?

16.30 Uhr Prof. Dr. Bianca Hermann
Moleküle unter der Lupe. Einblicke in die Nanowelt mit modernen mikroskopischen Methoden
Die Rastertunnelmikroskopie samt ihrer Varianten eröffneten in den 80er Jahren eine völlig neue Dimension: Strukturen und Prozesse konnten jetzt auf atomarer Ebene unter normalen Umgebungsbedingungen studiert werden. Damit lassen sich inzwischen auch einzelne Moleküle „handhaben“. Steht uns also sogar eine Konstruktion „Atom für Atom“ bevor?

18.00 Uhr Mitgliederversammlung und Vorstandswahl


Samstag, 7.10.2006

9.30 Uhr Prof. Dr. Christoph Strunk
Elektronik vom Allerkleinsten
PC und Laptop sind um Größenordnungen leistungsfähiger als die riesigen Rechenmaschinen auf Röhrenbasis aus den 50er Jahren. Diese Leistungssteigerung war möglich durch die Transistoren und deren konsequenter Verkleinerung bei gleichzeitiger Erhöhung der Packungsdichte.
Doch dieser Trend stößt zunehmend an physikalische Grenzen – was kommt also als nächstes?

10.30 Uhr Prof. Dr. Rolf Eckmiller
Blinde werden wieder sehend! Von der Neuroprothetik zu Mensch-Maschine Symbiosen?
Es gibt in Westeuropa 600.000, die bereits blind sind oder es werden, weil in ihrer Netzhaut die Photorezeptoren degenerieren. Da das zentrale Sehsystem bei dieser Gruppe noch funktionsfähig ist, wird durch ein Retinaimplantat mit einer Mikrokontaktfolie versucht, Sehwahrnehmungen herzustellen. Dies ist nur eines von vielen Beispielen für den Einsatz von interaktiven Bio-Tech-Systemen.

12.00 Uhr Dr. phil. Andreas Loesch
Nanoroboter und Mini-U-Boote. Mediale Vermittlung nanomedizinischer Visionen
Die Verheißungen und Visionen einer zukünftigen Nanomedizin werden sowohl innerhalb der „Science community“ als auch gegenüber der breiten
Öffentlichkeit über Metaphern und Bilder vermittelt. Welche Bilder werden hier in den Medien benutzt und wie haben sich diese Bilder in den letzten Jahren verändert?

13.00 Uhr Mittagpause

15.00 Uhr Dr. Jürgen Altmann
Die Anwendung der Nanotechnologie zur Entwicklung neuer Waffensysteme
In den letzten Jahren ist die militärische Forschung und Entwicklung zum Einsatzbereich sehr kleiner Elektronik zB. in Brillen, Uniformen und Munition erheblich gesteigert worden. Die Entwicklung solcher neuartigen Waffen kann zur Aushöhlung vorhandener Rüstungskontrollverträge und zur Destabilisierung der militärischen Lage führen.

16.15 Uhr Dr. Astrid Schwarz
Alles Science Fiction? Stanislaw Lems wilde und liederliche Naturen
Der in diesem Jahr verstorbene polnische Sciencefiction-Autor und Technikphilosoph ist der erste Visionär der jetzt am Horizont aufscheinenden Nanobiotechnologie. Aber seine „Geschöpfe“ könnten eher Albträumen entsprungen sein, die die ‚Nano-Welt’ in einem weniger rosigen Licht erscheinen lässt.

19.00 Uhr Geselliger Abend


Sonntag, den 8.10. 2005

10.00 Uhr Stefan Gammel
Wie passt Nanotechnologie in die Gesellschaft?
Das Verhältnis von Nanotechnologie und vorgestellter gesellschaftlicher Struktur gehört zu den zentralen Elementen der Visionen der Nanotechnologie. Wie nachhaltig ist diese Technologie, mit welchen gesellschaftlichen Auswirkungen muss gerechnet werden, welche Chancen und welche Risiken ergeben sich?

11.30 Uhr Prof. Dr. Alfred Nordmann
Wohin geht die Reise? Gesellschaftliche Implikationen der Nanotechnologie
Im Fall der „Nanotechnologie“ wird eine Wissenschafts- und Technikentwicklung von der Wissenschaftsphilosophie in statu nascendi verfolgt – nicht zuletzt deshalb, um Anregungen für deren Gestaltung zu geben. Ein Anzeichen einer „reifen“ Demokratie?

13.00 Uhr Tagungsende


REFERENTEN

Wolf-Michael Catenhusen Studium in Latein, Geschichte und Sozialwissenschaften an den Universitäten Göttingen und Münster, 1989 –2002 Mitglied des Deutschen Bundestages, SPD-Bundestagsfraktion, 1987 – 1994 Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Forschung und Technologie, 1998 – 2005 Parlamentarischer Staatssekretär, dann Staatssekretär des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

Prof. Dr. rer. nat. Anton Lerf Chemiestudium, seit 1976 tätig im Walther-Meißner-Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, seit 2003 apl. Professur an der TU München, Beirat für Naturwissenschaften der Interdisziplinären Studiengesellschaft.

Prof. Dr. rer. nat. Bianca Hermann Studium in Karlsruhe und an der Oregon State University, 1998 – 2000 Liebig-Stipendiatin beim Fond der Chemischen Industrie, seit 2003 Professur für Experimentalphysik an der LMU München, Leiterin der Abteilung für Rastertunnelspektroskopie am Walther-Meißner-Institut für Tieftemperaturphysik .

Prof. Dr. Christoph Strunk Studium in Karlsruhe, Forschungsaufenthalte in Belgien und in der Schweiz, seit 2000 Professur an der Universität Regensburg, Institut für Experimentelle und Angewandte Physik.

Prof. Dr.-Ing. Rolf Eckmiller Studium in Berlin und Berkeley, 1978 – 1992 Professur an der Universität Düsseldorf für Biokybernetik, seit 1992 Professur an der Universität Bonn und Leitung der Abteilung Neuronale Computerwissenschaften. Seit 1991 leitet er eine internationale Forschungsinitiative für Neurotechnologie. Er hält verschiedene US Patente in dem Bereich.

Dr. phil. Andreas Lösch Studium der Soziologie an der FU Berlin, Postdoktorand am Graduiertenkolleg „Technisierung und Gesellschaft