64. Jahrestagung – Vom Traum zum Albtraum

Moderne Perspektiven der Psychoanalyse, Traumforschung, Philosophie, Soziologie und Kunst

19.-21.Oktober 2007

Bad Pyrmont

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Allgemeine Information

Der Traum ist ein Erlebnis im Schlaf und häufig Bestandteil von Phantasiewelten. Träume, Wunschträume, Tagträume können traumhaft schön sein. Sind sie es nicht, können sie Angst und Panik hervorrufen, kann der Traum zum Albtraum werden.

Träume sind einerseits das Skript unbewusster Verarbeitungsprozesse von Gegenwart und Vergangenheit, die assoziative Aneinanderreihung und Durchmischung verschiedenartigster Impulse. Andererseits spiegeln sich in ihnen visionäre Zukunftserwartungen, sowohl bei Utopisten (z.B. Morus, Campanella, Owen, Huxley) wie bei (politisch) aktiv handelnden Menschen (z.B. Martin Luther King ‚I have a dream’).

In der Arbeit von Psychiatern, Psychoanalytikern und Psychotherapeuten manifestiert sich die Kraft von Träumen und Albträumen am sichtbarsten – wenn etwa Albträume das Leben zur Qual werden lassen bzw. anzeigen, dass das ICH des Träumers oder der Träumerin nicht mehr Herr oder Herrin im Haus ist und längst fremde Wirklichkeiten eingedrungen sind.
Auf der gesellschaftlichen Ebene ließe sich sogar eine Chronologie von Träumen und Albträumen konstruieren:

  • in den 60er bis 80er Jahren der Traum von Wohlstand, Wirtschaftswunderland, sexueller Befreiung und technologischem Fortschritt und andererseits der Albtraum des ‚Kalten Kriegs’, Orwell’s ‚Big Brother’, der Roten Armee Fraktion und der Grenzen des Wachstums
  • Bis zur Jahrtausendwende der Traum des Neo-Liberalismus, von Glasnost und Perestroika, der deutschen Wiedervereinigung und Albträumen wie AIDS, Bürgerkriege, globaler Armut und Arbeitslosigkeit
  • Die Jahrtausendwende, mit Begeisterung gefeiert, war als Beginn eines grandiosen Zeitalters gedacht. Gekommen sind der 11. September, der globale Anti-Terror-Krieg, die Beschneidung von Bürgerrechten, Auseinanderdriften der gesellschaftlichen Schichten, Tsunami, Hurrikans und Klimawandel.

Die skizzierte Dialektik von Traum und Albtraum mit ihren individuellen und gesellschaftlichen Dimensionen ist ein hervorragendes Thema für die Jubiläumstagung der ISG, da diese wissenschaftliche Gesellschaft vor 60 Jahren in Bad Pyrmont gegründet wurde, um einer Wiederholung des Albtraum des Naziregimes und des 2. Weltkriegs entgegenzuwirken. Zu den Gründervätern gehörten u.a. der Psychiater Gustav Störring, der Philosoph Romano Guardini, die Psychologen Wilhelm Hische und Wolfgang Metzger, die Theologen Pastor Bodelschwingh und Pater Genorosus Marquardt.

Die Jubiläumstagung der ISG greift aktuelle Erkenntnisse aus der Traumforschung auf, spürt den Träumen und Albträumen in der Bewältigung des modernen Alltagslebens sowie deren Reflektion in Architektur und Kunst nach und versucht Antworten aus Medienwissenschaft, Spiritualität und Philosophie zu geben.


PROGRAMM

Freitag, 19.10.2007

ab 14.00 Uhr Begrüßung

  • Grußwort der Bürgermeisterin Elke Christina Roeder
  • Anmerkungen zur Gründung und den Gründervätern der ISG

ab 14.30 Uhr Einführungsseminar

  • Traum und Realisierung: Die Bedeutung von Übergängen
    Dr. Dieter Korczak, 1. Vorsitzender der ISG, München

    anschl. Kaffeepause

ab 15.30 Uhr Session Traum

  • Trialoggespräch mit Impulsreferaten
    Moderation: Michael Wilken
  • Traumdeutung und Affektkontrolle im Traum
    Dr. Heinrich Deserno, Psychoanalytiker, Sigmund-Freud-Institut Frankfurt
  • Psychobiologie des Traums
    Prof. Dr. em. Eckart Rüther, Psychiater, Göttingen und München
  • Traumtexte – der Traum als Text
    Prof. Dr.em. Helmwart Hierdeis, Psychotherapeut/Erziehungswissenschaftler, Diessen am Ammersee

    anschl. Mitgliederversammlung (18.15)


Samstag, 20.10.2007

ab 9.00 Uhr Session Leben

  • Moderation: Hans-Ulrich Baumgarten
  • Ängste und Albträume bei Schwangeren mit unklaren Befunden
    Prof. em. Dr. med. Jörg Baltzer, Gynäkologe, Krefeld
  • Ängste und Albträume bei Kindern und Jugendlichen
    Dr. Reinhard Schydlo, Kinderpsychiater, Düsseldorf

    anschl. Kaffeepause

  • Paarbeziehungen: Zwischen Traum und Albtraum
    Prof. Dr. Cornelia Krause-Girth
  • Alter als Albtraum: Altenheime und Sterbebegleitung
    Prof. em. Dr. theol. Dr. phil. Waldemar Molinski SJ, Moraltheologe, Wuppertal

ab 15.00 Uhr Session Kunst

  • Moderation: Frank Ahlmann
  • Sun City/ Sin City: Von der visionären Architektur zum architektonischen Albtraum
    Prof. Dipl.-Ing. Ulf Jonak, Architekt/Künstler, Siegen
  • Die Angst der Menschen vor dem Absturz
    Prof. em. Dr. Wolfgang Tunner, Psychologe/Künstler, Krahof/Niederösterreich

    anschl. Kaffeepause

  • Von Dämonen, Visionen und schönen Gesängen
    PD Dr. Monika Kritzmöller, Kultursoziologin, Prof. Dr. Hartwig Frankenberg, Kultursemiotiker/Bariton, Aitrang (Allgäu)

19.00 Uhr Geselliger Abend
mit dem Magier Joachim Hecker und seinen traumhaften Experimenten für Neugierige „Aus der Hexenküche der Naturwissenschaften“


Sonntag, 21.10.2007

ab 9.30 Uhr Session Albtraum

  • Moderation: Michael Schneider
  • Traum, Trauma und Trauer – Die Krise der Moderne und die Tragödie der Kultur
    Prof. Dr. Eveline Goodman-Thau, Rabbinerin, Jerusalem/Kassel

    anschl. Kaffeepause

  • Zum Selbstverständnis des Realitätsverständnisses – Ist der Begriff der Realität nichts als ein Traum ?
    Stephan Siemens, Philosoph, Köln

13.00 Uhr Tagungsende