Perspektiven auf den Autoritarismus
23. bis 25. September 2022
Leipzig Marriott Hotel
Die ISG begeht in diesem Jahr ihr 75. Jubiläum. Ihre Gründung nach dem Zusammenbruch der NS-Diktatur sollte dazu beitragen, dass so etwas nie wieder geschieht. Wegbereiter des NS-Regimes war der Autoritarismus, ein demokratiefeindlicher, absoluter Herrschaftsanspruch mit autoritärer Führungspersönlichkeit im Zentrum.
Heute lassen sich zu diesem Thema beunruhigend viele Bezüge herstellen: In Deutschland sind rechtsradikale Strömungen bemerkenswert stabil. Die AfD ist im Bundestag und in allen deutschen Landtagen vertreten. In China wird Autoritarismus auch mit Hilfe moderner Technologie zur Perfektion getrieben. Donald Trump war Präsident der USA. Staaten wie die Türkei oder Ungarn weisen robuste autoritaristische Merkmale auf.
Dass Putins Russland einen brutalen Eroberungskrieg gehen die Ukraine führen würde, war nicht absehbar als wir im Herbst 2021 das Thema dieser Tagung festgelegt haben. Diese bittere, autoritaristische Katastrophe gibt Anlass zu größter Besorgnis.
Autoritarismus bezeichnet aber nicht nur politische Systeme, sondern auch persönliche Haltungen oder Erziehungsstile. Wir werden in Leipzig den Wurzeln, Wirkungen und Mechanismen des Autoritarismus nachgehen, der Bereitschaft, sich zu unterwerfen und den Strategien autoritärer Herrschaft.
Wir werden autoritaristische Strukturen in konkreten Lebensbereichen diskutieren, wie der Sozialarbeit, digitalen Reputationsmärkten und dem Spannungsfeld von Wirtschaft und Demokratie. Und schließlich werden wir uns am Beispiel der Polizeiarbeit mit Autorität im positiven Sinne befassen, denn diese Facette ist ein wichtiger Gegenpol des Autoritarismus.
Das Gründungsthema der ISG hat leider auch nach
75 Jahren noch große Brisanz.
Zu unserer Tagung laden wir Sie herzlich ein.
Siegfried Kreibe
Vorsitzender der Interdisziplinären Studiengesellschaft
Programm
Freitag 23. September
14:00 Tagungseröffnung
Dr. Siegfried Kreibe, 1. Vorsitzender der Interdisziplinären Studiengesellschaft
14:30 Die 10. Leipziger Autoritarismus-Studie – politische Einstellungen in Deutschland 2002-2020
Prof. Dr. Elmar Brähler, Medizinpsychologe, Else-Frenkel-Brunswik-Institut, Universität Leipzig
16:15 Albert Speers drei Karrieren zwischen Ideologie, Unterwerfung und Mythologisierung
Dr. Wolfgang Schroeter, Historiker, Autor von „Albert Speer. Aufstieg und Fall eines Mythos“
17:30 Ende der Sitzung.
Im Anschluß: Mitgliederversammlung
Samstag 24. September
9:30 Gegen den autoritären Ökonomismus? Mit Nietzsche in die Wirtschaftswissenschaften
Sören E. Schuster M.A., Philosoph und Ökonom, Institut für Wirtschaftsgestaltung, Berlin (anschl. Kaffeepause)
11:00 Führungskultur in Unternehmen – gesellschaftliche Einflussfaktoren wie autoritäre und antidemokratische Tendenzen
Hans Taubenberger, Betriebswirt
12:15 Mittagspause
14:00 „In Deutschland muss niemand auf der Straße schlafen!“ – autoritäre Wohnungslosenhilfe
Dr. Kai Hauprich, Sozialarbeiter, Vringstreff e.V. Köln (anschl. Kaffeepause)
15:45 Die Fragilität polizeilicher Autorität
Prof. Dr. Marschel Schöne, Professor für Kriminologie, Hochschule der Sächsischen Polizei, Direktor des Sächsischen Instituts für Polizei- und Sicherheitsforschung (SIPS)
17:00 Ende der Sitzung. Anschließend ab 19 Uhr Gesellschaftsabend
Sonntag 25. September
10:00 Kontrollgesellschaft und rationale Diskriminierung – zur digitalen Transformation des Totalitarismus
Dr. Andreas Beinsteiner, Informatiker und Philosoph, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck und Universität Wien (anschl. Kaffeepause)
11:30 Anbetung der Unterwerfung. Zur Bereitschaft, sich bedingungslos führen zu lassen
Prof. i.R. Dr. Helmwart Hierdeis, Erziehungswissenschaftler und Psychoanalytiker, Universität Innsbruck
12:45 Ende der Tagung
Anmeldung und Download
Referentinnen und Referenten
Prof. Dr. Elmar Brähler
Prof. Emeritus: seit 2014 assoz. Professor an der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz; Diplommathematiker, Promotion in Ulm zum Dr. rer. biol. hum., Habilitation in Medizinischer Psychologie in Gießen: 1985 Ernennung zum Honorarprof. in Gießen, 1969 – 1994 Zentrum für Psychosomatische Medizin in Gießen, 1991-1994 Gastprofessur Universität Leipzig, 1992-2017 Wiss. Beirat DGPFG, 1994-2013 Leiter Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie Universität Leipzig, 2009-2012 Mediz.-Wiss. Leiter Department für Psychische Gesundheit Universitätsklinikum Leipzig, 2009-2020 Mitglied wiss. Beirat Sigmund-Freud-Institut, 2011-2014 Mitglied des Rates für Sozial- und Wirtschaftsdaten, 2013 Eintritt in den Ruhestand
Dr. Wolfgang Schroeter
Nach Studien in Würzburg, Knoxville/ Tennessee und Yad Vashem war Wolfgang Schroeter im Export und als Lehrer tätig. Er promovierte 2017 an der FU-Berlin über “Albert Speer – Aufstieg und Fall eines Mythos“ und kuratierte eine Ausstellung über „Helden – Täter – Opfer“für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Er hält bundesweit Vorträge und Seminare über Albert Speer und andere historische Themen.
Sören E. Schuster
Sören E. Schuster promoviert an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg zur Ökonomie bei Friedrich Nietzsche. Neben seiner Forschung am Institut für Wirtschaftsgestaltung in Berlin ist er als Dozent an der IU Internationale Hochschule tätig. Zudem berät er Unternehmen in Fragen der Arbeits- und Organisationskultur.
Hans Taubenberger
Volksschulabschluss, Lehre Mechaniker und Tankwart, 2 Jahre Bundesluftwaffe Unteroffizier; Mittlere Reife, 2. Bildungsweg BAS Ingolstadt/Do; Praktischer Betriebswirt, berufsbegleitend, Abendakademie Mannheim; Abitur mit 68, Studiengemeinschaft Darmstadt; 5 Jahre Kfz Werkstatt und Tankstelle, 16 Jahre Mineralölwirtschaft, 3,5 Jahre Baustoffindustrie, 10 Jahre chemisch-technische Industrie, 15 Jahre Umwelt-/Recyclingbranche für gefährliche Abfälle; 12 Jahre Aussendienst, 28 Jahre Führungskraft, davon 25 Jahre als Geschäftsführer; 24 Jahre internationale Konzernerfahrung, 20 Jahre internationale Mittelstandserfahrung; Beirat an der bifa Umweltinstitut GmbH, SES (Senior Expertenservice); Bayerische Feuerwehrmedaille, B.A.U.M. Umweltpreis 2005 Kategorie KMU
Dr. phil. Kai Hauprich
Dr. phil. Kai Hauprich hat an der Hochschule Düsseldorf und der Universität Duisburg-Essen Soziale Arbeit studiert. Seit 2010 ist er in verschiedensten Projekten der Armuts- und Wohnungslosigkeitsforschung tätig. Er selbst promovierte zur Mobiltelefon- und Internetnutzung durch wohnungslose Menschen. Seit 2021 ist er stellv. Geschäftsführer des Vringstreff e.V., einer Begegnungs- und Beratungsstätte für wohnungslose Menschen und leitet dort das Projekt Housing First Köln.
Prof. Dr. Marschel Schöne
Professor für Kriminologie an der Hochschule der Sächsischen Polizei, Direktor des Sächsischen Instituts für Polizei- und Sicherheitsforschung, 1993-2001 Polizeibeamter im mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst, 2003-2005 Studium Kriminologie in Hamburg und London, 2010 Promotion in Soziologie über das Feld Polizei. Mitglied im Arbeitskreis Empirische Polizeiforschung.
Dr. Andreas Beinsteiner
Andreas Beinsteiner studierte Informatik und Philosophie in Innsbruck, Bergen und Freiburg im Breisgau. Seine Forschung setzt sich u.a. mit den lebensweltlichen Implikationen der digitalen Transformation auseinander; insbesondere mit Hinblick auf Fragen der Macht und Subjektivierung. Er unterrichtet an verschiedenen Universitäten in den Bereichen Philosophie, Medienwissenschaft und Medienethik.
Prof. i.R. Dr. phil. Helmwart Hierdeis
Psychoanalytiker, Professor i. R. für Erziehungswissenschaften an den Universitäten Erlangen-
Nürnberg (1974-1981) und Innsbruck (1981-2002), Gründungsdekan der Fakultät für Bildungswissenschaften Brixen der Freien Universität Bozen (1998-2001). Aktuelle Publikationen: Psychoanalytische Pädagogik. Psychoanalyse in der Pädagogik (2016); Traum und Traumverständnis in der Psychoanalyse (2018); Hrsg. zus. m. Martin Scherer: Psychoanalyse und Medizin – Perspektiven, Differenzen, Kooperationen (2018); Hrsg. zus. m. Martin Scherer und Josef Berghold: Medizinische Versorgung zwischen Fortschritt und Zeitdruck. Auswirkungen gesellschaftlicher Beschleunigungsprozesse auf das Gesundheitswesen (2020); Hrsg. zus. m. Martin Scherer und Josef Berghold: Klimakrise und Gesundheit. Zu den Risiken einer menschengemachten Dynamik für Leib und Seele (2022); seit 2019 Herausgeber der Tagungsbände der ISG.