Samstag, den 28. September 2002
Zur Situation der wirtschaftlichen Allgemeinbildung in den Schulen:
- Ein nach einheitlichen Gesichtspunkten konzipiertes Fach bzw. Fächersystem oder Lernfeld „Wirtschaft“ gibt es in Deutschland nicht.
- Die Lehrplanangebote variieren in den Bundesländern nach fachlicher Zuordnung, Bezeichnung und Inhalt sowie Schulform, Schulstufe und Verpflichtungsgrad.
- Verallgemeinerbare empirische Erkenntnisse über die Unterrichtspraxis liegen nicht vor. Bekannt ist, dass teilweise fachfremd unterrichtet wird.
- In der Wirtschaftslehrerausbildung spielen drei Bezugswissenschaften mit jeweils spezifischem Paradigma eine Rolle: Betriebs-, Haus- und Volkswirtschaftslehre.
Warum wirtschaftliche Allgemeinbildung in den Schulen?
- Wirtschaft ist ein zentraler Bereich in modernen Gesellschaften.
- Auch die Lebensbereiche, die nicht generell zur Wirtschaft gezählt werden, haben zumindest eine wirtschaftliche Dimension, z.B. Familie, Kultur, Politik.
- Im Übergang von der Moderne zur Postmoderne nehmen die Anforderungen an wirtschaftliche Kompetenzen zu.
- Bei Erwachsenen und jungen Menschen sind erhebliche Defizite im Wirtschaftswissen nachgewiesen worden.
- Mangel an wirtschaftlichen Kompetenzen sind ein Grund für Überschuldungs- und Verarmungsprozesse.
- Maßgebliche gesellschaftliche Kräfte fordern mehr wirtschaftliche Bildung in den Schulen.
- Ein Grundkonzept der wirtschaftlichen Allgemeinbildung in den Schulen:
- Wirtschaftliche Allgemeinbildung wird im Sinne des aufbauenden Lernens von der ersten bis zur letzten Klasse in jeder Schulform angeboten.
- Vermittelt wird Instrumentalwissen auf der Grundlage von Orientierungswissen.
- Dazu gehört auch die Vermittlung der Schnittstellungen und Vernetzungen mit anderen gesellschaftlichen und nicht gesellschaftlichen Teilsystemen, z.B. Technik und Natur.
- Didaktische Leitideen sind: Lebensnähe, Handlungsorientierung und Selbstorganisation.
- Inhaltliche Leitideen sind: Entdichotomisierung, Entbanalisierung, Entmystifizierung und Entberuflichung.
- Behandelt werden die Evolution und die Funktionen der ökonomischen Basisinstitutionen: Privathaushalte, Unternehmen, Assoziationen und Gebietskörperschaften sowie solche von Misch- und Übergangsformen.
- Betrachtet werden alle Gruppen von Gütern: personale, private, kollektive und öffentliche Güter.
- Einbezogen werden verschiedene Arten von Entscheidungssystemen für die Güterversorgung, wie Liebe und Solidarität, Markttausch, politische Wahl, Verhandlung, Drohung.
Das Motto lautet: „Wir gestalten die Wirtschaft“.
Prof. Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky